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26.02.2024

Ein Stolperstein in Heikendorf - Erinnerung an Hedwig Lunczer

 „Flucht in den Tod – 17. Juli 1942“ steht auf der kleinen Messingtafel, die jetzt als erster „Stolperstein“ in der Gemeinde Heikendorf in der Schützenstraße verlegt wurde. Der beschriftete Pflasterstein erinnert an das Schicksal der Heikendorferin Hedwig Lunczer, die jüdischen Glaubens war, und sich einen Tag vor ihrer Deportation im Alter von 83 Jahren das Leben nahm.


Groß war das Interesse der Öffentlichkeit an der Stolpersteinverlegung in der Heikendorfer Schützenstraße. © CK
Groß war das Interesse der Öffentlichkeit an der Stolpersteinverlegung in der Heikendorfer Schützenstraße. © CK

Knapp 80 Personen standen vor dem Wohngebäude in der Schützenstraße mit der Hausnummer 6, um bei der Stolpersteinverlegung der Heikendorferin zu gedenken, die ihrem Leben vor knapp 82 Jahren ein Ende setzte. Matthias Hein aus Kiel, der die Aktion gegen das Vergessen mit Zustimmung der Gemeinde Heikendorf initiiert hatte, war positiv überrascht und sehr berührt über das große Interesse.

Auch Oberstufenschüler*innen bzw. Zehntklässler*innen des Heinrich-Heine-Gymnasiums und der Hebbelschule Kiel, die sich im Unterricht mit dem Schicksal von Hedwig Lunczer, geb. Wulff beschäftigt hatten, hörten aufmerksam den Ausführungen von Monika Adrio aus Reinbek zu. Die 76-Jährige hätte gerne viel früher mehr über das Leben und die schicksalhaften letzten Monate ihrer Uroma erfahren, die als jüngste von zehn Geschwistern einer jüdischen Familie 1858 in Kiel geboren wurde, lange in Berlin lebte, 1888 den Kunstreiter Carl Theodor Lunczer heiratete, 38-jährig Witwe wurde und ihren Sohn in die Obhut ihrer Schwester Johanna in Heikendorf gab – wo sie dann nach ihrer beruflichen Zeit als Tänzerin im Zirkus Renz lebte und sich schließlich erhängte.  
Ein Dank ging von Monika Adrio an den Hobbyhistoriker Uwe Lüthje aus Laboe, der das Leben von Hedwig Lunczer und ihres Sohnes Paul Alexander ausführlich recherchiert und in einem Dossier festgehalten hat, das 2024 im Jahrbuch für Heimatkunde des Kreises Plön erstveröffentlicht wird.
„Diese Stolpersteinverlegung schließt ein Stück Familiengeschichte ab. Ich hoffe dadurch, dass Hedwig Lunczer nicht vergessen wird und mit diesem und jedem weiteren Stolperstein uns bewusst gemacht wird, wie viele verfolgte und ermordete Menschen es auch in unserer unmittelbaren Umgebung gab“, so Monika Adrio.

Der Stolperstein vor der Hausnummer 6 in der Schützenstraße erinnert an Hedwig Lunczer. © CK
Der Stolperstein vor der Hausnummer 6 in der Schützenstraße erinnert an Hedwig Lunczer. © CK


Die „Stolpersteine sind ein Projekt des Berliner Künstlers Gunter Demnig. Seit 1996 wird mit den im Boden verlegten kleinen Messingtafeln an das Schicksal der Menschen erinnert, die in der Zeit des Nationalsozialismus  verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Europaweit sind mittlerweile mehr als 100 000 Stolpersteine in 31 Staaten verlegt worden (Stand 2023). In Heikendorf wie auch wenig später in Belau verlegte Demnig die beschrifteten Stolpersteine selbst.  

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